{"id":14889,"date":"2018-06-04T16:15:09","date_gmt":"2018-06-04T15:15:09","guid":{"rendered":"https:\/\/www.stpaulinu.de\/?p=14889"},"modified":"2023-10-16T08:46:13","modified_gmt":"2023-10-16T07:46:13","slug":"mehr-sankt-pauli-fuer-die-profimannschaft","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.stpaulinu.de\/mehr-sankt-pauli-fuer-die-profimannschaft\/","title":{"rendered":"Mehr Sankt Pauli f\u00fcr die Profimannschaft"},"content":{"rendered":"

Als ich ans Millerntor radle, liegen schwere Gewitterwolken \u00fcber Hamburg. Die Luft ist zum Schneiden dick, aber es regnet noch nicht. Seit dem Abstieg des HSV<\/a> hat es nicht mehr geregnet in Hamburg, so sagt ein Facebook Meme; heute soll es aber soweit sein.
\n\"\"
\nAls ich an der S\u00fcdtrib\u00fcne ankomme, treffe ich Maik vom ‚Der \u00dcbersteiger‘. Wir begr\u00fc\u00dfen uns und machen uns gemeinsam auf den Weg nach oben in die VIVA CON AGUA Lounge. Unser Pr\u00e4sident, Oke G\u00f6ttlich, hat eingeladen: zur Saisonabschlu\u00dfkonferenz.<\/strong>
\nNeben den Fanzines offline, wie online, sitzen Ultras und aktive Fans von der Gegengerade im Kreis. Oke hat eine Pr\u00e4sentation vorbereitet, deren Inhalte sich auch in den vielen Medienberichten wiederfinden, die man in den letzten Tagen lesen konnte.<\/p>\n

Die vier Phasen einer „Schei\u00df-Saison“<\/h2>\n

„Die Saison hatte vier Phasen“, beginnt Oke seinen Vortrag – jeder Cheftrainer hatte derer zwo.<\/p>\n

Phase 1: Olafs System und der gef\u00fchlte Aufstiegskader<\/h3>\n

Ich kann mich noch gut an den einen oder anderen Ausruf erinnern, als wir zu Beginn der Saison anfingen, unsere Spiele zu gewinnen (wie wir es aus der „besten R\u00fcckrunde aller Zeiten“ auch gewohnt waren). „Ich lege mich fest“, schrieb I. bspw. auf Facebook, „wir steigen auf!“
\nUnd das hat wohl auch die Mannschaft geglaubt. Bis sie von einer schleichenden Krankheit befallen wurde, die zwei Symptome zeigt: Euphorie und Verletzungspech. Olaf Jansen versuchte zu korrigieren, verwirrte die Boys in Brown aber immer mehr, mit immer mehr Taktik. An den immer d\u00fcrftigeren Ergebnissen kann man ablesen, dass es ihm und der Mannschaft nicht gelang, das Delta zwischen Euphorie und Alltag zu schlie\u00dfen.<\/p>\n

Phase 2: Wenn wir verlieren, dann mit Klatsche<\/h3>\n

Olaf Jansen fing an zu verlieren. Anders als andere FCSP-Trainer vor ihm aber immer krachend. Dieser Trend kumulierte zu 0:9 Toren aus zwei Spielen (in F\u00fcrth und gg Bielefeld) – der Krug ging ein letztes Mal zum Brunnen – und brach.<\/p>\n

Phase 3: Basics, Basics, Basics<\/h3>\n

Im Dezember \u00fcbernahm dann Kauschi die v\u00f6llig desolaten Jungs vom Kiez und stabilisierte die Ergebnisse. Jeder – auch Sportchef St\u00f6ver und das Pr\u00e4sidium (ich auch \ud83d\ude09 – atmeten auf. Alles schien sich auf eine Basis zu stellen, von der man vielleicht sogar noch oben angreifen und die bescheidene Saison noch zu einem vers\u00f6hnlichen Abschluss bringen k\u00f6nnte.
\nIm K\u00fchlschrank in der Lounge gibt es Fritz-Brause und -Cola. Bier (Astra) steht warm unter der Theke. Ok, das meint Oke wohl mit „zu optimierenden Prozessen“ ;). Ich stelle vier Bier in die Promok\u00fchlung und lausche weiter.
\n„Der Blick ging nach oben“, sagt Oke gerade, „das war verst\u00e4ndlich, aber fatal“. Wie Nieselregen eben auch durchn\u00e4ssen kann, folgte die 4. Phase:<\/p>\n

Phase 4: Dem Abstieg entgegen nieseln<\/h3>\n

In der vierten Phase offenbarte sich, was die Euphorie des Beginns, die daraus resultierenden Anspr\u00fcche in der Mannschaft und die na\u00dfkalte Realit\u00e4t mit dem Teamgeist anstellen: Ermattung auf ganzer Linie. Noch mehr Verletzte als vorher (Ja, der Krankenstand steigt in Organisationen, wo der Zusammenhalt fehlt, kennt jeder von seiner eigenen Arbeit)
\nBeim 1:1 in Kaiserslautern manifestierte sich die „Dienst nach Vorschrift“-Mentalit\u00e4t des einen mit einer situativen Selbstzufriedenheit von anderen zur gef\u00fchlten Katastrophe. Aber „selbst die war schwer zu greifen, immerhin hatte man ja nicht verloren“, erl\u00e4utert Oke die merkw\u00fcrdige Gef\u00fchlslage.
\nKauschi und St\u00f6ver reagierten, setzten die Truppe auf den Pott und unter Druck. Gerade rechtzeitig, denn der Rest ist Geschichte und der Teil der Analyse, der in die Zukunft weisen soll.
\nInzwischen sind die Wolken \u00fcber dem Millerntor dunkelschwarz, k\u00fcbelweise ergie\u00dft sich markst\u00fcckgro\u00dfer Regen auf die S\u00fcd. Es plattert so laut, dass wir die T\u00fcren und Fenster schlie\u00dfen m\u00fcssen, um uns zu verstehen.
\nHell erleuchten Blitze das Stadion. Genau die richtige Atmosph\u00e4re f\u00fcr Schauergeschichten.
\n\"\"<\/p>\n

Was sich \u00e4ndern soll<\/h2>\n

Auff\u00e4llig viele Traumaverletzungen, so war es auch schon in der Presse zu lesen, veranlassen den FC St. Pauli dazu, in eine Rasenheizung und Physio-Expertise zu investieren. Markus, von unserem Saisonabschluss-Podcast<\/a>, hatte das ja schon als Schwachstelle heraus gepickt. Da bewegt sich also in seinem Sinne etwas.<\/p>\n

Mehr St. Pauli f\u00fcr die Profis<\/h3>\n

Wenn ich an diese Saison denke und sch\u00f6nes f\u00fchlen m\u00f6chte, dann denke ich an die beiden letzten Heimspiele gegen F\u00fcrth und Bielefeld. Da war er wieder, der Roarr<\/strong>, f\u00fcr den das Millerntor ber\u00fchmt ist; der die Boys in Brown befl\u00fcgeln, Spiele gewinnen kann und der gestandene Innenverteidiger, wie Jahns Knoll an die Elbe zu locken in der Lage ist.
\nVorausgegangen war eine intensive Besch\u00e4ftigung der Fanschaft, der Gesch\u00e4ftsstelle und der Profis miteinander. Mal offiziell, mal informell. Spieler lasen sich Blogartikel vor, ehemalige Spieler riefen beim Sportchef an und man erkannte, dass zum St. Pauli Gef\u00fchl gar nicht viel fehlt. „Am Millerntor werden auch Gr\u00e4tschen abgefeiert“, referenzierte Oke dann auch meinen Wunsch nach einem
„Carsten-Rothenbach-Moment“<\/a>, der \u00fcber die vier wichtigen Halbzeiten tragen konnte und dessen Essenzen man f\u00fcr die folgende Saison bewahren m\u00f6chte.
\nStadteilrundgang, organisierten und inoffiziellen Fandialog. „Vielleicht mal zusammen grillen“, der Verein ist offen f\u00fcr einen Dialog zwischen Profiabteilung, Verein und Viertel – w\u00fcnscht sich mehr Sankt Pauli bei seinen Profis. Auch in der Hoffnung, dass sich das Handicap, dass man monet\u00e4r nicht auf einem Auftsiegsrang spielt, durch Identifikation mindestens ausgleichen l\u00e4sst.<\/p>\n

Still lovin‘ Oke<\/h5>\n

Schritt f\u00fcr Schritt die „Wahrscheinlichkeit besser abzuschneiden“ erh\u00f6hen; dieser Ansatz unseres Pr\u00e4sidiums gef\u00e4llt mir. Ich habe diese zwei Stunden intensiver Retrospektive sehr genossen und freue mich auf die n\u00e4chste Saison. Wir verabschieden uns alle und rennen hinaus in den Regen. Die meisten sprinten zu ihren Autos. Ich gehe langsam zu meinem Fahrrad; bevor ich aufgeschlossen habe, bin ich pitschnass.
\nBefreit von Abstiegsangst und froh \u00fcber die Abk\u00fchlung radele ich durch das Viertel. Der neuen Saison und einem Sommer entgegen.<\/p>\n

Saisonabschluss Podcast anh\u00f6ren:<\/h6>\n