Bürgerschaftswahl 2015: Parteien und Kandidaten in Hamburg-Mitte zum Thema "Kennzeichnungspflicht für Polizisten"

Die aktuellen Ereignisse um den hand- und fußfesten Einsatz der Hamburger Polizei am letzten Wochenende werfen die Frage nach der „Kennzeichnung von Polizisten“ im Dienst neu auf (siehe weiter unten). Wie sollen Polizisten, die nachweislich Grundrechte oder Demonstrant_innen verletzen, angreifen, treten, schlagen oder misshandeln dingfest gemacht werden, wenn die Beamten in ihren Kampfmonturen alle ähnlich aussehen und nicht unterschieden werden können?
Eine Frage, die schon seit Jahrzehnten die politischen Lager spaltet – und die zur Wahl der Hamburger Bürgerschaft zu den dringenden Fragen gehört, die ich meiner Wahlentscheidung zugrunde lege. Ich habe die Kandidat_innen zur Hamburger Bürgerschaft per E-Mail angefragt. Hier sind die Antworten (nach Eingangsstempel in meinem Postfach sortiert):
Die LINKE:

„Die Forderung nach Kennzeichnungspflicht und Polizeibeschwerdestelle teilen wir. Zuletzt haben wir sie im Juni 2014 mit einem Gesetzentwurf in der Bürgerschaft eingebracht. Der Antrag wurde mehrheitlich mit Stimmen der SPD und CDU abgelehnt, wir lassen aber nicht locker. Auch in Hamburg wird es die Kennzeichnungspflicht am Ende geben. Alle vorgebrachten Einwände insbesondere aus Kreisen der Polizeigewerkschaften dagegen sind durch die verpflichtende Einführung in anderen Bundesländern längst ad absurdum geführt.
Zu den Ereignissen am Wochenende 24.1. haben wir eine Schriftliche Kleine Anfrage an den Senat gestellt. Es kann einfach nicht angehen, dass auf dem Boden liegende Menschen von nicht identifizierbaren Polizisten oder Polizistinnen getreten und geschlagen werden. Mal sehen, was der Senat dazu sagt.“
Mit freundlichen Grüßen
Christiane Schneider, Spitzenkandidatin der LINKEN im WK 1 HH-Mitte

CDU Hamburg-Mitte zum Thema „Kennzeichnungspflicht für Polizisten“:

Im Auftrag der Kandidaten, Jörg Hamann (Spitzenkandidat im WK 1) und Christoph de Vries (Landesliste Platz 5), übersende ich Ihnen den Blogbeitrag der CDU Hamburg-Mitte zu Ihrer Anfrage.
Zentrales Argument gegen eine weitergehende Kennzeichnungspflicht ist, dass die bestehenden Regeln ausreichend sind und sich bewährt haben, wie auch der jüngste Fall wieder gezeigt hat. Es gibt keinerlei Belege für eine deutliche Erleichterung der Ermittlungsarbeit.
Eine individuelle Kennzeichnungspflicht würde nur die Privatsphäre der Polizeibeamten weiter einschränken und wäre geeignet, ihre Sicherheit und die Sicherheit ihrer Familien zu gefährden. Dem Staat obliegt eine Fürsorgepflicht, die dazu führt, dass er seine Beamten vor möglichen Bedrohungen schützen muss.
CDU-Kreisverband Hamburg-Mitte

FDP: Ewald Auckes

„Wir sind nicht für die Neuschaffung und vor allem Ausweitung von Gefahrengebieten. Dies ist ein schwerwiegender Eingriff in die persönliche Freizügigkeit und ins Demonstrationsrecht. Die bisherigen Maßnahmen reichen da aus und müssen nicht aus politischen Showgründen ausgeweitet werden, denn im Grunde bringen sie nichts.
Wir sind aber dafür, dass konsequent und nachdrücklich gegen strafbare Handlungen und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgegangen wird. Die vorhandenen Gesetze müssen konsequent und tatsächlich angewendet werden, dann brauchen wir keine zusätzlichen, einschränkenden Gesetze.
Die Kennzeichnungspflicht von Polizisten ist ein Mittel zu genau diesen Grundsätzen und erleichtert es, bei etwaigen Problemen genau nachweisen zu können, wer was wann wo gemacht hat. Gleichzeitig sind wir gegen die Vermummung bei Demonstrationen, weil sie die Verfolgung von Straf-und Ordnungswidrigkeitstätern erschwert oder gar verhindert.“
Viele Grüße,
Ewald Auckes

Die Piratenpartei Hamburg zur Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte

Die Piratenpartei Hamburg setzt sich für eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte ein. Beamte im Einsatz sind zu verpflichten, von weitem sicht- und erkennbare Kennzeichen zu tragen. Die Kennzeichen sind pseudonym zu gestalten. Damit ist die Privatsphäre der Beamten geschützt und ihre Sicherheit weiterhin gewährleistet.
Es muss aber jederzeit im Nachhinein möglich sein, mit richterlichem Beschluss ein Kennzeichen einer Person zuzuordnen. Der Vorgesetzte ist für die wirksame Durchsetzung der Kennzeichnungspflicht und die korrekte Führung der Zuordnungen von Kennzeichen zu Personen verantwortlich. Polizisten sind zu verpflichten, Verstöße durch andere Polizisten zu verhindern oder – falls dies nicht möglich ist – zu melden sowie den/die beteiligten Beamten zu identifizieren. Verletzungen dieser Pflichten (Tragen des Kennzeichens, korrektes Führen der Zuordnungsliste, Verhindern/Melden von Verstößen) sind strafrechtlich zu sanktionieren.
Die Ereignisse vom 24.01.2015, die in einem Video dokumentierten grundlosen Misshandlungen eines Pressefotografen, zeigen noch einmal deutlich die Notwendigkeit einer solchen Kennzeichnung. Denn trotz Dokumentation solcher Straftaten im Amt können Täter ohne Kennzeichnung kaum ermittelt werden.
Gefahrengebiete abschaffen
Die Piratenpartei fordert auch, die sogenannten „Gefahrengebiete“ im Polizeirecht abzuschaffen und die im Zusammenhang damit gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen.
Diese Gefahrengebiete stellen Menschen unter Generalverdacht, nur weil sie sich in bestimmten Stadtteilen aufhalten. Verdachtsunabhängige Personenkontrollen sind erniedrigend und stellen einen gravierenden Eingriff in die Privatsphäre, eine massive Verletzung der Unschuldsvermutung und einen Eingriff in die Grundrechte dar.
Andreas Gerhold, PIRATEN
Listenplatz 2
Direktkandidat im Wahlkreis 1, Hamburg-Mitte

– Die FDP hat eine Stellungnahme avisiert. Die fehlt aber noch.
– Die SPD und die Piratenpartei haben hat bisher nicht reagiert.
Zum Thema: „Polizeigewalt bei Demoinstrationen“
Video: Polizei verfolgt Gegendemonstranten und tritt am Boden Liegenden

Kommentar zum Trittskandal @hhmittendrin

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