Das #Gefahrengebiet Hamburg: Unverhältnismäßig in Kosten und Politischer Wirkung

Seit gestern Morgen 6:00 Uhr gelten die Stadtteile St. Pauli, Sternschanze und große Teile Alt-Altonas als so genanntes Gefahrengebiet. Die Hamburger Polizei hat dieses auf „unbestimmte Zeit“ eingerichtet und damit einen in Deutschland einzigartigen Zustand geschaffen: Hundertausende Bürger werden der vagen Hoffnung auf Straftäterfeststellung und Tatverhinderung permanent und dauerhaft wichtiger Bürgerrechte beraubt.
Es gibt nicht wenige, die dieses Vorgehen für ungeheuerlich, politisch undemokratisch und taktisch unwirksam halten. Selbst die FDP in Hamburg erkennt den großen Schaden, den Bürgermeister Olaf Scholz, sein Innensenator Neumann und die Polizeiführung am Vertrauen in den Rechtsstaat anrichten, Carl Edgar Jarchow, Erste Raute in der Stadt und FDP-Fraktionsvorsitzender in Altona beispielsweise meint das Gesetz regele klar, dass ein „Gefahrengebiet“ nur so lange ausgewiesen werden dürfe, wie es die Lage erfordere. „Nach Äußerungen der Polizei erfordert es die Lage derzeit nicht, es besteht folglich kein Grund, das Gefahrengebiet aufrechtzuerhalten“.
Platzverweise gegen Anwohner
Seit gestern 14:00 Uhr wurde von sechs Polizeizügen (1,5 Hundertschaften) im Gefahrengebiet kontrolliert. Ziel der Kontrollen waren schwarz gekleidete Jugendliche und junge Erwachsene, vornehmlich mit Hoodie bekleidet. Die Polizei kontrollierte nach Angaben via Twitter 240 Personen und sprach zahlreiche Platzverweise auch gegen Anwohner_innen aus. Ein Täter wurde bis heute nicht gefunden, keine Straftat verhindert.
Auch Kosten unverhältnismäßig hoch
„Wieviel kostet eigentlich so eine Hundertschaft am Tag“, fragte ich mich gestern Abend und fand bei hr-online eine Quelle:

Die zuständige Abteilungsleiterin beim Polizeiverwaltungspräsidium, Sabine Bechtoldt, erläuterte im Gespräch mit hr-online, dass zum Beispiel der Einsatz jedes Streifenbeamten pro Viertelstunde mit 15 Euro zu Buche schlägt, also 60 Euro in der Stunde. Sollte ein Hubschrauber gerufen werden, kostet das 600 Euro pro 15 Minuten. Jeder gefahrene Kilometer eines Polizeiwagens wird mit 65 Cent abgerechnet, das Mitführen eines Diensthundes mit zwei Euro pro Viertelstunde. Für das Aufstellen eines Absperrgitters werden sechs oder zehn Euro fällig, je nachdem wie massiv es ist.

Eine Hundertschaft besteht aus mindestens 80 Beamten, in Hamburg haben also mindestens 120 Beamte 12 Stunden das Gefahrengebiet bisher überwacht. 60*120*12 ergibt nach Adam Riese 86.400 Euro. Das sind mehr als 170.000 Euro pro Tag, nur für die Beamten. Rechnet man das Gerät dazu kommt man locker auf 200.000 Euro. Festnahmen?, Fehlanzeige.
Der Einsatz im Gefahrengebiet erinnert da eher an Machtspiele Pubertierender, als an umsichtige Politik im Sinne unserer Verfassung. Die Menschen in Hamburg, das hat die Polizei durch das Weiterdrehen der Repressionsspirale geschafft, solidarisieren sich offen mit den schikanierten Anwohner_innen, posten „Fotos aus der Danger Zone„, berichten auf sozialen Medien und organisieren Flashmob-Spiele, um den Irrsinn dieser Aktion zu entlarven.
Bei der Bundestagswahl 2013 wählten 25% der St. Paulianer_innen die SPD. Das ist abzuwarten und zu hoffen, dass Altona sich hier besinnt.

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