Fairplay, Affekt und strukturelle Unsportlichkeit – Lieber Emotion (Zambrano), als Kalkül (Rösler)

Ich habe meine Wahl schon vor langer Zeit getroffen und ich treffe sie permanent wieder. Ich wähle das Gefühl, ich wähle den Underdog. Ich wähle Carlos Zambrano.
Die Alternative gefällt mir nämlich nicht, sie hieße Norbert Meier, der zu einem Spieler wie Rösler führt und einer eingefleischten, strukturellen Ekeligkeit, die es sich nicht anmaßen darf, von Fairplay zu faseln.

Als ich in der sechsten Klasse war, da hatte ich einen Mitschüler, den alle gefürchtet haben. Ich auch. Thorsten J. war nicht besonders stark, aber er war ausdauernd in seiner Pöbelei und skrupellos. Eines Vormittags im Sportunterricht, wir durchliefen gerade einen der gefürchteten Boden-Parcours unserer Sportlehrerin, war ich vor ihm dran. Immer piekste er mir in die Seite, wenn ich vor ihm wartete, immer wieder. Nicht besonders schlimm, aber fies und unangenehm. Vor allem hörte er nicht auf. Als ich zuviel hatte, drehte ich mich um und erwischte ihn – mehr aus Versehen, als gewollt – mit meiner halb geballten Faust am Kinn. Er verdrehte verdutzt die Augen und fiel in eine kurze Ohnmacht. Erschrocken lief die Lehrerin herbei und schaute mich entsetzt an, als Thorsten schon wieder zu sich kam. Alle Mitschüler berichteten, dass Thorsten mich die ganze Zeit fies belästigt hatte. Und die Sache war nach einer Ermahnung gegessen. Als sich herumsprach, dass ich den gefürchteten Thorsten KO geschlagen hatte, begann eine sehr angenehme Zeit an der Schule. … und heute musste ich wieder an diese Geschichte denken.
Vielleicht ist es dieses Erlebnis, das mir Menschen und emotionale Affekte, wie die von Carlos Zambrano und auch Zinedine Zidane damals, so sympathisch und die Röslers dieser Welt so unsympathisch machen. Ich habe meine Wahl getroffen – und denke nicht im Leben dran, eine „hohe Strafe“ für Carlos zu fordern, nicht nachdem sich das perfide System Meier-Rösler, als so effektiv erfolgreich zeigt, das die strukturell und offensichtlich unsportlich Agierenden bevorzugt und die im Affekt Handelnden bestraft werden.
Nach einem Foulspiel hatte Carlos Zambrano in der 73. Minute der Begegnung von Schiedsrichter Wolgang Stark die Gelb-Rote Karte gesehen. Im Anschluss an den Platzverweis war es zu dem Vorfall zwischen Zambrano und Rösler gekommen. Aufgrund der Sperre aus dem Feldverweis sowie durch das ergangene Urteil steht der Innenverteidiger seinem Club erst wieder beim vorletzten Saisonspiel in Dresden zur Verfügung. Der FC St. Pauli wird keine Berufung einlegen, sondern das Urteil akzeptieren. – fcstpauli.com

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