Lilo vor President! Gegen die biedere Gemütlichkeit

Einzige Möglichkeit
Es gibt T-Shirts mit Millerntor und Sofa drauf, ein gemütlicher Ort, ein Zuhause, ein sicherer Hafen, im übertragenden Sinne und in der Tat kenne ich keinen zweiten Ort an dem so viele verschiedene Menschen zusammen kommen und sich im weitesten Sinne vertragen, jeder bei sich und doch mit uns ist. Eben ein magischer Ort. Ein Wohnzimmer, dass eben durch diese Übereinkunft erst gemütlich wird. Deswegen muss man auch darüber streiten, immer wieder, erst durch diesen ewigen Diskurs, das immerwährende Hinterfragen entsteht diese energische Wohligkeit, und darf deswegen nicht mit Gemütlichkeit verwechselt werden, die Geranien auf der Haupt muss man immer noch als satirische Heimeligkeit verstehen können. Es wird gefährlich, wenn sich statt des heimeligen aber heftigen Diskurses biedere Gemütlichkeit breit macht.
(An dieser Stelle verweise ich auf die heftige Diskussion von
Metalust vs. Übersteiger, um die es hier im Folgenden auch gehen soll – bitte macht euch die Mühe und lest auch die Kommentare …)
Ich fühle mich sehr wohl gerade. Ich habe viele freundliche Kontakte in meinem Alter und aus meiner Nachbarschaft im Stadion und drumherum, wieder einen Stammplatz auf der Wetterseite und auch sonst kann ich mich nicht beschweren. Das Millerntor gegen Aachen war so wohnzimmerig, wie ich mir das nur wünschen kann und doch stimmt etwas nicht. Zwei Freunde von mir empfinden das nicht mehr so, eine schwarze Freundin schon länger, ein schwuler Freund hegt den ernsten Verdacht, dass unsere Magie, der Anti-Rassismus und der Kampf gegen Homophobie zur Folklore verkommen.
Das Millerntor ist für sie kein „Safe Place“ mehr und das macht mir mehr Sorgen als alle Hansa Rostocks dieser Welt. Denn das Millerntor, das wird mir klar, ist nur in der Lage diese wahnsinnig vertraute Magie zu erzeugen, wenn es ihr Wohnzimmer bleibt, oder wieder wird. Es ist unerheblich, ob ich das in meiner Eigenschaft als weisser Hetero-Mann auch so empfinde, aber es ist Voraussetzung dafür, dass St. Pauli ganz und mein Wohnzimmer bleibt.
Wit müssen den Diskurs wieder intensivieren, gegen die Gemütlichkeit der Ignoranz, denn nichts anderes wäre das Nicht-Hinterfragen nunmehr. Lilo Wanders als Präsident wäre doch für den November ein schöner Abschluss dieser wärmenden Reibung …*
* Der Autor ist bekennender Heterosexueller und weiss, steht in der Nord und schwenkt den Jolly Rouge.

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