Fußball Weisheit: Nick Hornby hatte unrecht!

Nick Hornby, Fußball-Philisoph und Bestseller-Autor. Foto: Joe Mabel Lizenz: GFDL, CC-BY-SA-3.0 granted by photographer
Nick Hornby, Fußball-Philisoph und Bestseller-Autor.
Foto: Joe Mabel
Lizenz: GFDL, CC-BY-SA-3.0 granted by photographer


Der Satz, den Nick Hornby in seinem Roman „Fever Pitch“ schreibt, ist zum allgemein gültigen Kultursatz mutiert, wenn es um das Thema Fußball geht: „Du suchst Dir nicht Deinen Verein aus, sondern Dein Verein sucht sich Dich aus.“ – Nick Hornby hat sich geirrt.

Jeder kennt diese Kinder, die auf ihren Lieblingsverein angesprochen wahlweise „Bayern München“ oder „Barcelona“ sagen. Für diese Kinder zählt Erfolg, und das ist ok.

Dann irgendwann entwickelt sich so etwas wie eine Präferenz. Vielleicht aus Opposition zum Elternhaus oder durch Erfahrungen im eigenen Fußballer-Leben. Und manchmal wird eine Leidenschaft daraus.

Aber immer, spätestens, wenn ich erwachsen werde, die ersten Krisen mitgemacht habe, mit dem Verein meiner Wahl – Abstiege womöglich (es gibt Menschen, die sagen, man sei erst wahrer Fußball-Fan, wenn man mindestens einen Abstieg erlebt hat) – erst dann kann man Verantwortung für seinen Verein entwickeln. Und das ist dann ein Aussuchen, eine Entscheidung. Das betrifft meine Mitfans, deren politische Einstellung, das Gebaren des Präsidenten und meines.


Ich habe mich entschieden.
Und es scheint mir, dass Herr Hornby das ähnlich sieht inzwischen:

.. Ich gehe zwar noch immer zu jedem Heimspiel, aber die Bindung zwischen Club und Fan (Arsenal, Anm. d. Autoren) ist zerbrochen.
SPIEGEL ONLINE: Wie meinen Sie das?
Hornby: Jedes Jahr ändert sich die Mannschaft. Man weiß nie, wie lange ein Spieler bleibt. Fußball ist ein Geschäft geworden. Der Fan ist nur noch Betrachter, nicht mehr Teilnehmer wie früher. Der aktuelle Fußball ist zwar 20-mal besser, aber er ist mehr Entertainment und weniger Leidenschaft. Ins Stadion zu gehen ist heutzutage vergleichbar mit einem Kinobesuch.

SPON, 2001

Wer ist Nick Hornby und was denkt er zum Thema Fußball?

Nick Hornby, ein englischer Autor, ist bekannt für seine tiefgreifenden und leidenschaftlichen Aussagen und Ideen zum Thema Fußball und Fußballkultur. Seine Ansichten und Erfahrungen sind hauptsächlich in seinem autobiographischen Fußballbuch „Fever Pitch“ aus dem Jahr 1992 dokumentiert, das seine Obsession für Fußball und den FC Arsenal von seiner Kindheit an beleuchtet[3].

„Fever Pitch“ beginnt mit dem ersten Fußballspiel, das Hornby besucht hat: FC Arsenal gegen Stoke City am 14. September 1968, als er etwa 11 Jahre alt war. Hornby sagt gleich im ersten Kapitel, dass er sich während diesem Spiel in Fußball und in die Mannschaft von Arsenal verliebt habe[3]. Das Buch ist eine Hommage an den FC Arsenal und ein Buch über das Erwachsenwerden und über die Bedeutung, ein Fußballfan zu sein[3]. Es erzählt die Geschichte eines Fußballfans, dessen Leben von den seltenen Siegen und zahlreichen Niederlagen seines Clubs bestimmt wird[5].

Hornby hat in „Fever Pitch“ die Fußballbesessenheit in all ihren ernsten und komischen Facetten auf den Punkt gebracht[5]. Er beschreibt Fußball nicht als Flucht oder Form der Unterhaltung, sondern als eine „andere Version der Welt“[5]. Er glaubte sogar, dass die Stimmungen und das Schicksal von Arsenal irgendwie seine eigenen widerspiegelten[6].

In einem Interview mit dem Spiegel äußerte Hornby seine Ansichten über die Veränderungen im Fußball. Er bemerkte, dass sich die Bindung zwischen Club und Fan gelöst hat und dass Fußball mehr zu einem Geschäft geworden ist. Der Fan ist nur noch Betrachter, nicht mehr Teilnehmer wie früher. Der aktuelle Fußball ist zwar 20-mal besser, aber er ist mehr Entertainment und weniger Leidenschaft[8].

Trotz seiner Kritik an einigen Aspekten des modernen Fußballs bleibt Hornbys Liebe zum Spiel unerschütterlich. Er sagte: „Ich liebe dieses Spiel mehr als jede andere…“[8]. Seine Leidenschaft und sein Engagement für den Fußball haben dazu beigetragen, die Art und Weise, wie wir Fußball und Fußballkultur betrachten, zu verändern und zu prägen.

Nick Hornbys Arbeit über Fußball und Fußballkultur, insbesondere sein Buch „Fever Pitch“, ist auf eine Vielzahl von Kritiken gestoßen.

  • Begrenzte Attraktivität für Nicht-Fußballfans: Einige Kritiker argumentieren, dass Hornbys Werk zwar für Fußballfans aufschlussreich und spannend ist, aber ein breiteres Publikum nicht anspricht. Das liegt daran, dass seine Erzählungen tief in seinen persönlichen Erfahrungen und seiner Besessenheit vom Fußball, insbesondere vom Arsenal Football Club, verwurzelt sind. Dieser Schwerpunkt könnte die Attraktivität des Buches für diejenigen einschränken, die sich nicht bereits für Fußball interessieren oder Hornbys Leidenschaft für diesen Sport nicht teilen.
  • Intellektualisierung des Fußballs: Hornby wurde vorgeworfen, Fußball zu intellektualisieren, einen Sport, der traditionell mit der Arbeiterklasse assoziiert wird. Einige Kritiker sind der Meinung, dass Hornbys Werk, insbesondere „Fever Pitch“, zur Gentrifizierung des Fußballs beigetragen und seine Attraktivität für die Mittelschicht auf Kosten seiner Wurzeln in der Arbeiterklasse vergrößert hat.
  • Enger Fokus auf den britischen Fußball: Hornbys Werk wurde für seinen engen Fokus auf den britischen Fußball kritisiert, insbesondere für seine Besessenheit von Arsenal. Dieser Fokus könnte die Relevanz und Attraktivität des Buches für internationale Leser oder für diejenigen, die sich für eine breitere Perspektive der Fußballkultur interessieren, einschränken.
  • Die Darstellung des Fußballs als Bewältigungsmechanismus für persönliche Probleme: Einige Kritiker haben darauf hingewiesen, dass Hornbys Werk, obwohl es vordergründig um Fußball geht, auch die Darstellung eines Mannes ist, der mit Depressionen und persönlichen Problemen zu kämpfen hat. Diese Sichtweise könnte als Reduzierung des Fußballs auf einen bloßen Bewältigungsmechanismus angesehen werden, anstatt ihn als eigenständiges kulturelles Phänomen zu untersuchen.
  • Widerstand gegen Veränderungen im Fußball: Hornbys Arbeit wurde für seinen Widerstand gegen Veränderungen in der Art und Weise, wie Fußball gesehen und erlebt wird, kritisiert. Dieser Widerstand zeigt sich in seiner nostalgischen Darstellung der Fußballkultur und in seiner Kritik an der Kommerzialisierung und Gentrifizierung des Sports.

Trotz dieser Kritikpunkte ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Hornbys Werk für seine aufschlussreiche und leidenschaftliche Auseinandersetzung mit der Fußballkultur weithin Anerkennung gefunden hat. Seine persönlichen Erzählungen und Reflexionen haben einen wichtigen Beitrag zur Fußballliteratur geleistet und die Diskussionen über den Sport und seine kulturelle Bedeutung geprägt.

Es gibt mehrere alternative Perspektiven auf die Fußballkultur, die Nick Hornbys Ansichten, wie sie in „Fever Pitch“ dargestellt werden, in Frage stellen. Diese Perspektiven betrachten den Fußball unter ökologischen, soziokulturellen, nationalen, politischen und kommerziellen Gesichtspunkten.

  1. Ökologische Perspektiven und soziokulturelle Zwänge: Ökologische Perspektiven auf die Fußballkultur betonen den Einfluss sozialer und kultureller Kräfte auf die Entwicklung der Spieler. Diese Perspektiven argumentieren, dass Fußball nicht nur ein Spiel ist, sondern ein komplexes System, das von sozialen und kulturellen Zwängen beeinflusst wird. In einer ethnografischen Fallstudie in Stockholm wurde beispielsweise aufgezeigt, wie soziale und kulturelle Zwänge die Entwicklung der Fähigkeiten und das psychologische Wohlbefinden junger Fußballspieler beeinflussen[1]. In einer anderen Studie wurden ökologische Ansätze erweitert, um zu veranschaulichen, wie soziale, kulturelle und historische Aspekte des Lebens in der Art und Weise, wie Fußball gespielt wird, und in den Fähigkeiten, die junge Fußballer während des Lernens entwickeln, verankert sind.
  2. Fußball als Spiegelbild der nationalen Kultur: Aus einigen Blickwinkeln wird Fußball als Spiegelbild der nationalen Kultur betrachtet. In den Vereinigten Staaten beispielsweise wird Fußball als eine kulturelle Repräsentation angesehen, die eine disziplinierte und verantwortungsbewusste Generation hervorbringt. Er wird auch als eine sportliche Aktivität angesehen, die nationale Identität, Leidenschaft und die Werte des Landes zum Ausdruck bringt.
  1. Politische und soziale Auswirkungen des Fußballs: Der Fußball wird auch als Plattform für politische Meinungsäußerung und sozialen Wandel gesehen. Fußball und Politik sind durch Vereinsidentitäten, Zusammenstöße und Fußballer, die sich für eine Karriere in der Politik entscheiden, miteinander verbunden. Der Fußball wurde als Instrument zur sozialen Befriedung, als Quelle politischer Propaganda und als Mittel des Protests eingesetzt.
  2. Kritik an der Kommerzialisierung und Gentrifizierung des Sports: Einige Kritiker argumentieren, dass die Kommerzialisierung und Gentrifizierung des Fußballs zur Verdrängung von Fans aus der Arbeiterklasse und zur Umwandlung des Fußballs in ein Geschäft geführt haben. Sie behaupten, dass die finanziellen Veränderungen der letzten drei Jahrzehnte es für Menschen aus ärmeren Verhältnissen viel schwieriger gemacht haben, ihre Mannschaften zu unterstützen[6]. Darüber hinaus hat der Bau neuer Sportstadien in Gegenden mit niedrigem und mittlerem Einkommen und hohem Minderheitenanteil zur Verdrängung langjähriger Bewohner geführt.

Diese alternativen Perspektiven bieten ein breiteres Verständnis der Fußballkultur und heben ihre Komplexität und die verschiedenen Faktoren hervor, die sie beeinflussen. Sie stellen Hornbys Ansichten in Frage, indem sie die soziokulturellen, ökologischen, nationalen, politischen und kommerziellen Aspekte des Fußballs betonen.

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Citations:
[1] https://www.amazon.de/Fever-Pitch-Ballfieber-Geschichte-eines/dp/3462025864
[2] https://youtube.com/watch?v=2vyZMzYvVQA
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Fever_Pitch
[4] https://barcelonareview.com/30/e_nh_int.htm
[5] https://www.buecher.de/shop/london/fever-pitch/hornby-nick/products_products/detail/prod_id/36813070/
[6] https://emdashes.com/2013/06/interview-nick-hornby-newsday.php
[7] https://shop.11freunde.de/fever-pitch.html
[8] https://www.spiegel.de/sport/fussball/interview-mit-nick-hornby-fussball-in-den-zeiten-des-krieges-a-161833.html
[9] https://www.kiwi-verlag.de/buch/nick-hornby-fever-pitch-9783462308846
[10] https://www.zeit.de/sport/2013-05/interview-hornby-fussball-arsenal
[11] https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1027332299
[12] https://www.goodreads.com/quotes/304699-i-fell-in-love-with-football-as-i-was-later
[13] https://www.lovelybooks.de/autor/Nick-Hornby/Fever-Pitch-334621397-w/
[14] https://www.express.de/promi-und-show/nick-hornby-ueber-frauenfussball-davon-bin-ich-ueberzeugt-104573
[15] https://www.lovelybooks.de/autor/Nick-Hornby/Fever-Pitch-247094722-w/
[16] https://sz-magazin.sueddeutsche.de/literatur/nick-hornby-interview-80904

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