Corona-Absage: Kein Heimspiel für mich

Die Gesundheitsbehörde ist kurz davor, ihren Kollegen in Bremen und Schleswig-Holstein zu folgen und hat „Veranstaltungen ab 1.000 Personen aufgrund der Coronavirus Pandemie“ in Hamburg untersagt. Damit findet das Heimpiel des FC St. Pauli am Sonntag gegen Nürnberg „unter Aussschluss der Öffentlichkeit statt“. Das melden NDR und DFB. Davon ganz unanhängig habe ich mich selbst unter Solidaritätsquarantäne gestellt.

Ich gehe nicht ans Millerntor am Sonntag.

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FCSR auf Facebook: lt. NDR untersagt die Gesundheitsbehörde HH alle Spiele ab 1.000 Zuschauer

Freiheitsrechte und die Absage nach Anordnung: ein Reflex wird zum Problem

Noch gestern war mein erster Reflex: das lasse ich mir doch nicht verbieten, ans Millerntor zu gehen und unsere Boys in Brown zu unterstützen. Da fassten altbewährte Synapsen in einanander, die in dem Virus-bedingten Versammlungsverbot einen feuchten Traum von Andy Grote vermuteten. Ich habe sogar überlegt, nach einer Absage zum Millerntor zu gehen und dann eben davor zu supporten: aus Trotz.

Nach der Absage trotzdem zum Millerntor?

Ich gebe zu, ich war und bin skeptisch, was die Einschränkung von Freiheitsrechten angeht; das ist aber so einleuchtend logisch und durch Daten evident (Stichwort Hong Kong Grippe), dass ich langsam in das Lager von „flatten the curve“ einbiege.

Mir geht es hier nicht nur um die Verantwortung des Einzelnen, meiner Verantwortung meinen Mitstpaulianer_innen gegenüber, sondern auch um den Diskurs, ob Einschränkungen der Freiheit druch den Staat auch wegen Corona hinnehmbar sind. Und ab wann?

Daran schliesst sich die Frage an, wer für eventuelle Kompensationen zu sorgen hat.

Nicht falsch verstehen: Corona zeigt uns eindringlich, dass der neoliberale Fetisch der Selbstoptimierung nicht funktioniert.

Wenn ich für richtig erachte, dass Menschenansammlungen zu vermeiden sind, muss ich zuerst die Menschen aus dem ÖPNV bringen, aus althergebrachten Arbeitsethiken, hin zu Homeoffice und Co.- und das sofort – vielleicht sogar diskutieren, vier Wochen nur noch das Nötigste zu produzieren und zu verwalten und allen anderen Netflix zu verordnen.

Diese Diskussion ist spannend und geht über den Fußball hinaus.

Bundesliga-Saison zu Ende spielen? Nicht unbedingt

Mich überzeugt die Idee, dass wir am Steigepunkt der Exponentialfunktion uns und unser Leben entschleunigen müssen. Dann eben keine Saison mehr. Keine Konzerte; Home oder Boat-Office.

Entschleunigung, die wichtige gesellschaftliche Themen wieder nach oben spült: die Ausstattung des Gesundheitssystems, der Krankenhäuser. Gesellschaftliche Solidarität. Ent-Globalisierung der wichtigsten Versorgungsgüter. Was ist dagegen ein Heimsieg gg Nürnberg?

Wettbewerbsverzerrung Geisterspiel

Kurz nochmal zurück zum Fußball und dem FCSP. Ich halte so genannte Geisterspiele – also Fußballspiele auszurichten ohne Zuschauer für eine nicht hinnehmbare Wettbewerbsverzerrung. Gerade der FCSP hat eine excellente Heimbilanz, was an der auch hier schon oftz beschriebenen Magie zwischen Fans, Rasen und Boys in Brown am Millerntor liegt. Verbietet man den Zugang zum Stadion, spielt aber trotzdem, ist das für den FC St. Pauli ein doppeltes Auswärtsspiel (nach dem in der Hinrunde in Nürnberg) und somit unzulässig. Die Liga MUSS abgesagt oder nachgespielt werden. Sagen wir doch die EM ab, dann wäre genug Zeit 😉

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