Der Deniz Naki Effekt

Wieder verlässt ein Spieler den FC St. Pauli, der offensichtlich schwer in ein taktisches Konzept passt. Wieder ist es für mich ein Verlust, bei dem ich mich frage, ob er hätte verhindert werden können?

Cenk Sahin FC St. Pauli
Cenk Sahin FC St. Pauli – Foto: Northside via wikicommons

FC St. Pauli verleiht Cenk Sahin nach Ingolstadt

Das, was sich nach einer guten Lösung für alle anhört, dass Cenk Sahin in Ingolstadt spielen, sein ganzes Talent entfalten kann und der FC St. Pauli einen maulenden Maestro aus dem Kader wegverleiht und damit wieder Ruhe einkehrt, könnte den Blick auf ein tiefer liegendes Problem verstellen: Der moderne Fußball, auch der bei St. Pauli, bietet keinen Platz für Querköpfe.

„Cenk hat bei uns starke Konkurrenz auf seiner Position. Aktuell ist es schwer für ihn, sich durchzusetzen. … Wir haben seinem Wunsch nach einer Leihe entsprochen, um Cenk auch ein Stück weit neuen Mut und Selbstvertrauen zu geben. Wir glauben, dass dieser Weg für beide Seiten die beste Lösung ist“

Sportchef Uwe Stöver, FC St. Pauli

Deniz Naki, Fafa Picault und nun Cenk Sahin – ich sehe da ein Muster

In jeder Fußballergeneration beim FC St. Pauli gibt es einen, der ist anders als die anderen. Kreativer, verspielter, eigensinniger. Wird von seinen Trainern oft – vielleicht vorschnell – als schwer trainierbar klassifiziert und früher (Picault bei Ewald Lienen; Naki bei Schubert) oder später, wie Cenk nun bei Kauczinski, aussortiert.

Das macht mich jedes Mal sehr traurig. Ich frage mich: liegt das wirklich an den Spielern? Oder haben auch wir beim „anderen Fußballklub“ uns der bitteren Erkenntnis zu stellen, dass wir im Profibereich so agieren, wie alle anderen Bundesligisten auch?

Cenk Sahin, der freie Radikale

Dabei können Spieler, wie Naki, Picault oder Sahin den Unterschied machen. Durch ihre dem Chaos entlehnte Spielweise sind sie schwer auszurechnen, spielen an guten Tagen mühelos drei Gegenspielern auf einmal Knoten in die Beine, schlagen Haken, die keiner für möglich hält und reißen Lücken in die ihre Mitspieler dann tödlich stoßen können; die braven, die konventionell ausgebildeten, die taktisch Klügeren. Böse gesagt: die Angepassten.

Ich werde das Gefühl nicht los, dass der FC St. Pauli hier enormes Potenzial verschenkt, in diesem Fall schlauerweise nur verleiht. Der Kontakt zu unserem Lieblingsquerdenker am Ball darf dieses Mal aber nicht abreißen, Uwe! Sonst droht uns eine Situation, wie bei Marvin Duksch – der Spieler wird zurecht muksch.

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