Könnte ich mir die Sponsoren beim FC St. Pauli aussuchen, bwin wäre nicht dabei!

Millerntor Stadion mit dem Schriftzug "Kein Fußball den Faschisten"
Millerntor Stadion mit dem Schriftzug „Kein Fußball den Faschisten“

Ich arbeite selbst lange genug im Marketing um zwei Dinge zu wissen. Erstens, in Umfeldern, die strahlen, betreiben vor allem Marken Werbung und Sponsoring, die selbst nicht die hellsten Leuchten sind. Und zweitens ist es sehr schwer, zu einem lukrativen Sponsoringdeal „Nein“ zu sagen, wenn man eine Profimannschaft in der zweiten Bundesliga unterhalten muss.
Und trotzdem wünsche ich mir, dass der FC St. Pauli sich seine Sponsoren aussuchen könnte. Und solange er das nicht kann, soviel Rückgrat und Kreativität besitzt, dass er, wo er nicht „Nein“ sagen kann oder möchte, mindestens versucht, aus der Partnerschaft etwas „Gutes“ zu machen.
Beim neuen Sponsoren bwin, einem international agierenden Wettkonzern, kann ich das nicht sehen.
Schon beim Ausrüster Under Armour blieb es bei hehren Versprechen, der US-Sportartikelhersteller würde eine echte Partnerschaft anstreben, die über das Präsentieren von Trikots und den Imagetransfer hinaus geht. Ich bekomme da wenig von mit. Ist da etwas substanzielles passiert?
Anders ist das beim Vorzeigesponsor Levi’s. Da scheint es sogar so, dass der FC St. Pauli von dem Engagement der Amerikaner insbesondere für queere Lebenswelten eine Menge lernen kann. Das Musiksponsoring ist mit der „Musicschool St. Pauli“ klar formatiert und passt in das Fördermuster des Vereins.

Sponsoren Blabla statt echter Projekte

Dagegen strotzt die Pressemeldung von bwin und dem FCSP vor lauter Plattitüden, wie die vom „Traditionsverein“, die sich so ähnlich vermutlich in jeder Pressemeldung für Sportsponsorings findet.

„bwin freut sich auf die Partnerschaft mit St. Pauli, weil wir hier mit einem der großen Traditionsclubs Deutschlands mit einer über hundertjährigen Geschichte zusammenarbeiten, der nicht nur bei seinen Fans beliebt ist.“

Weniger Substanz geht nicht.

Statt Standardsponsoring: macht aus dem Engagement einen echten Dialog

Ich bin ja gar nicht dafür, Sponsorings pauschal abzulehnen, zumindest nicht, solange man sich seine Sponsoren nicht aussuchen kann. Aber Auflagen, Anregungen und Ideen, wie die Besonderheiten des magischen FC auf die werbende Marke übertragen werden können, das wünsche ich mir. Nein, das erwarte ich sogar.
Außerdem Transparenz darüber, wie man einen Sponsor der zweithöchsten Kategorie, „HERZ VON ST. PAULI“, dazu bringt, sich im Stadtteil zu engagieren oder die Folgen seines Handelns zu reflektieren. Offen mitzuteilen, weshalb man diesen Sponsoren genehmigt und einen anderen ablehnt. Wobei ganz interessant wäre, nach welchen Kriterien denn Sponsorings genehmigt und nach welchen Sponsoren abgelehnt werden, wie dem Vernehmen nach ein US-Start-up in jüngster Zeit?
Im Fall von bwin wären das vielleicht Workshops und Förderungen für Projekte gegen Spielsucht. Oder eine „Siegprämie“, die dann für die „Kiezhelden“ verwendet werden kann. Auf jeden Fall bitte mehr, als dieser Pressemitteilungsschaum, den ich heute in meinem Postfach gefunden habe.
Davon hat dann nämlich auch der Sponsor mehr, wetten?

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