Marvin Knoll und der FC St. Pauli – das große Missverständnis

Ich kann mich noch gut an das erste Heimspiel von Marvin Knoll erinnern. Daran, wie seine unbekümmerte Energie überschwänglich unsere Boys in Brown mitriss; eine Mannschaft, der ihre Führungsspieler ausgegangen waren. Christopher Buchtmann, der damals Auserkorene, ist es nie mehr geworden. Mit Marvin hatte man einen willensstarken, sympathischen Kerl, der sich den FC St. Pauli ausgesucht hatte – so einen wollten wir haben. Und da begann das grosse Missverstehen.

Auch ich war anfangs sehr euphorisch, als ich zu Marvins Wechsel and Millerntor schrieb: „Die Personalie hat es in sich. Zum einen findet der FC St. Pauli in Rekordzeit einen Nachfolger für den schmerzlichen Abgang von Lasse Sobiech. Und dazu noch einen, der Tore schießen kann.
Marvin Knoll, der vom Jahn aus Regensburg nach Hamburg wechselt, ist nicht nur defensiv stark, er „weiß auch wo das Tor steht“. Sieben Saisontreffer und einen feinen Freistoßstandard bringt der gebürtige Berliner mit.“

Posterboy statt Führungsspieler

Schnell wurde Marvin untrennbarer Teil der ersten Elf und vom Marketing des FC St. Pauli als neuer Posterboy entdeckt. Ich weiss noch, wie heute, wann mein Verhältis zu dieser Spieler-Figur in eine Karikatur des alten St. Pauli kippte: bei der USA-Reise des FC St. Pauli, als man Marvin Knoll Whiskey trinkend auf Instagram sah.

Nicht falsch verstehen: ich finde Sponsorenmarketing nicht per se schlimm. Was „wir“, Marvin Knoll aber angetan haben, ihn so zu stilisieren, konnte nicht klappen. Schon gar nicht mehr, als die sportlichen Leistungen nachliessen.

Der St. Pauli POP Podcast Zwischenruf zum Wechsel von Marvin Knoll

Kipppunkt: das Jahr 2018

Marvin Knoll ist Opfer einer Hybris, die uns alle erfasste. Nach einer tollen halben Hinserie, wähnten wir uns schon ganz oben und nieselten doch nach ganz unten. In eine Tabellenregion, die wir seitdem immer wieder besuchen durften.

Kaum einer der Boys in Brown von damals hat es aus diesem Tief zurück an die Sonne geschafft; Ziere vielleicht die einzige Ausnahme.

Kurz hatte ich Hoffnung, dass sich diese Boys in Brown allein aus dem Sumpf befreien; stattdessen sägten sie lieber am Trainer, was zur Entlassung auch des Sportchefs führte.

Die Mannschaft hatte die sportliche Leitung entlassen, fühlten wir damals; rückblickend der Anfang vom Ende; für einige Spieler.

Luhukay war Knolls Schicksal

Knollis Zeit war um, der FC St. Pauli nach dem harten Kehraus des holländischen Generals und der Übernahme von Schulle und Bornemann, ein anderer Verein. Die Mannschaft hatte sich gewandelt, Knoll einfach nicht mehr die Energie und das Vermögen, sich in die erste Elf zu spielen. Das war schon vor einem Jahr sehr deutlich zu erkennen, wie ich – sagte mir Markus eben – in einem unserer Podcasts augurte.

Seitdem hat er seinen sicher gut dotierten Vertrag ausgesessen. Ein Jahr für gute Laune in der Kabine gesorgt und sich nicht hängen lassen – Hut ab dafür, das ist anstrengend. Nun ist der lange währende Abschied vollzogen, Marvin Knoll wechselt zum MSV Duisburg. In die dritte Liga.

Marvin Knoll: „Es war mir eine Ehre, das Trikot des FC St. Pauli tragen zu dürfen. Ich werde die Zeit in Hamburg nie vergessen und die Fans und den Verein immer im Herzen tragen. Ich bin sehr dankbar, dass ich ein Teil davon sein durfte.“

FCSP.com

Ich kann mir nicht helfen, ich bin ein wenig traurig, wenn ich daran denke, was aus diesem Anfang hätte werden können, Knolli. In der 3. Liga alles Gute – Du hast dich damit sportlich verbessert, muss man heute sagen.

Foto: Anne Kunze, FCSP.com