Schlimmer Heimsieg

Gegen Sandhausen kannst Du nicht gut aussehen. Die Spielzerstörer aus dem badischen Wald machen es vor allem auswärts dem Gegner extrem schwer, Tore zu schießen und eines machen sie selbst immer. Vor allem am Millerntor.

Spiele gegen Sandhausen sind also Nullerwartungskicks, insbesondere an einem Sonntag, so kurz nach dem Frühstück, wenn gefühlt noch das ganze Stadion tranfunzelt. Wie überrascht war ich also, als Dudziak und Miyaichi über die rechte Seite Samba spielten und einen Tanz nach dem anderen mit der völlig überforderten Abwehr in weiß-schwarz wagten. Folgerichtig fiel das 1:0 und ich erhöhte meinen Tipp auf 3:0.

Spielt die Mannschaft gegen den Trainer?

Nach der Führung hörten die Boys in Brown abrupt auf, am Spielgeschehen teilzunehmen; so als ob sie das Soll eines Fünfjahresplans der örtlichen Fußball-Kolchose erfüllt hätten. Hätte mich auch nicht gewundert, wenn Flum und Buchtmann laut „Feierabend“ gerufen und sich ins Ermüdungsbecken verabschiedet hätten.
Es ist der Harmlosigkeit der Sandhausener geschuldet, dass es zur Halbzeit nicht schon 1:1 oder schlimmer stand. Auf diesen Zwischenstand stellten die Badenser dann Mitte der 2. Halbzeit, in der St. Paulis Spieler noch weniger Bock auf Fußballspielen zeigten, als Lasoggas Mutter – mit einer Ausnahme: unserer Viererkette, die nun Welle auf Welle abzuwettern hatte. Wie ein „heißes Messer durch Butter“™ marschierten die Gäste durch unser Mittelfeld. Buchtmann und Flum begleiteten höflich und schienen vergessen zu haben, dass zu einem „Zweikampf“ eben auch zwei gehören.
Als ich da so auf der Tribüne stand und zuerst verdutzt und dann genervt auf den Rasen blinzelte, erinnerte ich mich an ein Gespräch mit einem Sportjournalisten vor ein paar Wochen, der mir versicherte, dass „gegen Ingolstadt eigentlich nicht gewonnen werden sollte„, sondern von Teilen der Mannschaft gegen Kauczinski gewettet wurde. Miyaichi hatte das nur nicht mitbekommen. Als er von der Bank kam und den Siegtreffer schoß, kam der ganze schöne Plan durcheinander, meinte der Fußball-Kenner. Ich hatte das als „Seemannsgarn“ abgetan, musste jetzt aber wieder daran denken, als die Rudelführer unserer Mannschaft einer nach dem anderen die Arbeit einstellten.

Ziereis vs. Flum

Für mich war es die Szene des Spiels, als Ziereis und Flum aneinander gerieten, sich auf dem Feld knufften und lauthals die Meinung geigten. Kurz darauf wechselte Kauschi aus: Flum ging hinaus und übergab die Kapitänsbinde an Ziereis. Damit gab der Trainer ein klares Coaching-Signal: Ziereis wurde gestärkt und als dann zum Ende zum dritten Mal der Sieg eingewechselt wurde, diesmal mit Veerman und Allagui – für den es mich so unendlich freut, dass er seine tolle Frühform auch nach seinem Rippenbruch wieder gefunden hat – bekam die Bemerkung von vor ein paar Wochen Gesicht.
Besser gesagt: Gesichter.

Coaching gegen Teile des Team-Establishments?

Drei Punkte, die wieder einmal durch Einwechslungen herbei gezaubert wurden. Findet ihr das nicht auch ein wenig mysteriös? Was stimmt da bei der Startformation nicht, dass sie immer wieder diesen Impuls von der Bank braucht? Hat der Sportredakteur am Ende recht und es stimmt etwas nicht im Team?
Diese Fragen nehme ich jetzt kopfschüttelnd mit in die Länderspielpause. Und wünsche mir, dass mein Kumpel Willi recht behält, nämlich dass da schon alles in Ordnung ist, es sind nur gerade ALLE fit, der Trainer eben gleichwertigen Ersatz auf der Bank; und das hatten wir ja nun wirklich lange nicht mehr, genauso wie einen Heimsieg gegen Sandhausen.

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